Nach dem Grünen-Kandidat Wölfle pfiff jetzt die Kandidatin der Linken, Brigitte Tilgner, mit beim Rohrer Schwabenstreich und war im Kanonenbäck anschließend bereit, die vielen Fragen der Anwesenden zu beantworten. Natürlich waren die schlimmen Ereignisse in Japan auch bei der Fragerunde mit Brigitte Tilgner eines der zentralen Themen und warfen ihre Schatten. Unter dem Eindruck der ständig dramatischeren Nachrichten äußerten alle Anwesenden gemeinsam mit der Kandidatin der Linken ihre Betroffenheit. Umso mehr ist für Frau Tilgner klar, dass man die Atomkraftwerke so schnell wie möglich abschalten solle. „Atomkraftwerksunglücke sind keine Naturkatastrophen sondern von Menschen gemacht. Wir müssen umdenken, sowohl bei der Atomkraft als auch bei Großprojekten wie Stuttgart 21“, forderte die selbständige Rechtsanwältin. Allerdings äußerte die Juristin Zweifel daran, dass Kanzlerin Merkel einfach so acht Meiler ruhen lassen kann.
Nach diesem Auftakt ergab sich eine muntere Fragerunde. Die Gäste nutzten die Gunst der Stunde und sprachen eine ganze Reihe von Themen an. Tilgner sieht ihre Partei als das Zünglein an der Waage und hofft darauf, dass sich genügend Wählerstimmen einstellen, um über die Fünf-Prozent-Hürde zu springen und in den Landtag zu ziehen. In punkto Stuttgart 21 plädiert Tilgner für eine Befragung der Stuttgarter. „Es sollten die Menschen abstimmen, die das Projekt des Bahnhofs auch tatsächlich betrifft, und das sind nun mal die Stuttgarter“, erklärte sie. Dass nicht alles, was in der Partei gesagt und getan wird, ihren Vorstellungen entspricht, machte sie an einem aktuellen Beispiel deutlich. Man habe als Stuttgarter Verband an Bisky einen erbitterten Brief geschrieben, nachdem dieser sich für eine Flugverbotszone in Libyen ausgesprochen hatte. Besonders wichtig sei ihr, den Menschen bessere Arbeitsbedingungen zu besseren Löhnen zu bieten. Hier hat sie natürlich vor allem die niedrigen Löhne im Blick, die nicht ausreichen, um eine Familie zu ernähren. „Außerdem ist es skandalös, dass die sozialen Berufe Niedriglohnsektoren sind“, erklärte sie. Sie wolle sich dafür einsetzen, dass die Lohndifferenz von 25 Prozent zwischen Mann und Frau geringer werde. Auch manch Privatisierung bewertet sie kritisch. „Öffentliche Daseinsfürsorge kann nicht dem Profitstreben unterworfen sein“, betonte die Linken-Kandidatin. Aber sie wolle nun nicht alles privatisieren, fügte sie schmunzelnd hinzu. Als Rechtsanwältin liegt Tilgner das baden-württembergische Asylrecht am Herzen, das sie menschlicher gestalten möchte. Wenn schon mal eine Juristin da ist, bietet es sich ja an, mit dieser auch juristische Fragen zu erörtern. So klärte Brigitte Tilgner den Begriff der Nötigung und ihre juristische Auffassung dazu, sie zeigte auf, dass in der Bewertung dessen, was Nötigung ist, durchaus ein Spielraum vorhanden ist und die Staatsanwaltschaft auf höhere Weisung hin die Verfahren durchaus einstellen kann. Applaus bekam sie für ihre Forderung, den öffentlichen Nahverkehr billiger bis kostenlos anzubieten.
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