Zur Fläche:
Das Areal ist rund 2,5 Hektar groß (25.000 qm), liegt entlang der Gäubahngleise zwischen der Vaihinger Stadtmitte mit Stadtpark und dem Gewerbegebiet Am Wallgraben. Es teilt sich im Bereich der unterirdischen Führung des Sindelbachs in einen nördlichen Bereich und einen südlichen Bereich. Es ist voraussichtlich die letzte große Fläche, über die Vaihingen noch verfügen kann; alles andere ist bereits „verplant“ bzw. überbaut. In den vergangenen 25 Jahren wurde der Stadtbezirk nicht nur enorm „verdichtet“ , es wurden auch riesige Frei- und Erholungsflächen betoniert (Endelbang, Unterer Grund, Obere Waldplätze, Honigwiesen, Lauchäcker, Universitätserweiterungen, Birkhof, Feldrand), so dass Vaihingen heute im Durchschnitt weniger innerörtliche Erholungsflächen pro Einwohner hat als andere Stadtbezirke.
Heutige Nutzung des Aurelis-Geländes: Teilweise vermietet, z.B. an Europcar und Spedition. Teilweise „Brache“, d.h. Sonderbiotop mit wärmeangepassten Arten (Wildbienen, Heuschrecken, Eidechsen). Das Gelände ist Teil einer Frischluftschneise von der Rohrer Höhe entlang der Bahngleise in die Innenstadt.
Der Eigentümer des erst im Mai 2010 entwidmeten Bahngeländes: aurelis Asset GmbH
1994 trat das Eisenbahnneuordnungsgesetz in Kraft, das die Gründung der DB AG als privatwirtschaftliches Unternehmen beinhaltete. In diesem Gesetz war unter anderem auch geregelt, dass der Bund die bis dahin aufgelaufenen Schulden der Deutschen Bundesbahn übernahm. Zum Ausgleich sollte die Bahn AG die Erlöse aus durch ihren Rückzug aus dem Güterverkehr nicht mehr benötigten Immobilien an die damals eigens gegründete Bundesinstanz „Bundeseisenbahnvermögen“ überführen.
Die Deutsche Bahn AG gründete hierfür 2002 die 100%ige Tochterfirma Aurelis Real Estate GmbH & Co KG mit der Aufgabe des Erwerbs, der Entwicklung, Optimierung, Vermarktung, Verwaltung und des Managements der Immobilien.
Zum 30. April 2003 veräußerte die DB-AG-Holding ein Portfolio von nicht betriebsnotwendigen Immobilien zum Buchwert an die Aurelis. Der Kaufpreis von 2.261 Mrd. Euro orientierte sich dabei an den erwarteten Verkehrswerten. Dazu gehörte auch die Fläche am Vaihinger Bahnhof. Ihr Wert wurde mit 5,2 Mio Euro verbucht. Grundlage hierfür war wohl das damals von der Stadtverwaltung der Aurelis bzw. der Bahn AG in Aussicht gestellte Planungsrecht für einen Fernomnibusbahnhof mit hochverdichteten Gewerbeansiedlungen um den FOB herum.
Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Gemeinderat kurz davor beschlossen hatte, Vaihingen als Standort für den im Zusammenhang mit S21 zu verlegenden ZOB nicht weiter zu verfolgen.
Anstatt die Erlöse aus den an die Bahntochter Aurelis überschriebenen Immobilien an die „Bundeseisenbahnvermögen“ weiter zu geben, wie es das Eisenbahnneuordnungsgesetz vorsah, verkaufte die Bahn AG im Jahr 2007 die Fa. Aurelis mitsamt den Immobilien an ein Konsortium an dem je zur Hälfte der Baukonzern HochTief und der Finanzdienstleister Redwood Groove (mit Sitz auf den Kayman-Inseln!) beteiligt ist für 1,6 Mrd. Euro. Finanziert wurde das ganze über die Bayrische Hypo-Real-Estate, die ein paar Jahre später mit Milliarden-Steuergeldern „gerettet“ werden musste. Nach dem Bankenskandal benannte sich die Aurelis Real Estate“ in Aurelis Asset GmbH um.
Was bisher geschah:
Nachdem die Nutzungsüberlegung „FOB – Fernomnibusbahnhof“ verbunden mit der massiven Gewerbe- und Handelsbebauung vom Gemeinderat aufgegeben wurde, hat aurelis im Frühsommer 2010 einen so genannten „moderierten Beteiligungsprozess“ gestartet, um ein neues Nutzungskonzept zu entwickeln.
Dazu hat aurelis einen Moderator und Fachplaner beauftragt, sowie Verbände, Initiativen, Bezirksbeiräte, Stadträte eingeladen. Es gab drei so genannte „Workshops“, die jeweils einen Abend lang dauerten und vor allem aus Präsentationen von aurelis und der Stadtverwaltung bestanden. Bürgerinnen und Bürger konnten sich zu Wort melden, es wurden mindestens beim ersten Termin vielfältige Ideen eingebracht, pro Termin wurde von aurelis jeweils ein „Ergebnisvermerk“ angefertigt.
Beim letzten Workshoptermin am 22. Februar 2011 hat aurelis drei Szenarien vorgestellt:
- „Grünes Band Vaihingen“ (Szenario 1)
- „Stadtbausteine Vaihingen“ (Szenario 2)
- „Stadtkante Vaihingen“ (Szenario 3)
siehe www.aurelisinvaihingen.de
Die vereinbarte Überprüfung der Szenarien anhand zahlreicher Kriterien (Umwelt- und Klimaauswirkungen, soziale Auswirkungen, CO2-Bilanz, städtebauliche Auswirkungen, Auswirkungen auf den Vaihinger Einzelhandel, verkehrliche Auswirkungen,Wirtschaftlichkeit) fand praktisch nicht statt. Statt dessen wurde ziemlich unvermittelt zu einer „Bewertung“ der Szenarien übergeleitet. Deren Ergebnis beruhte im Wesentlichen auf die Stellungnahmen der Stadträte:
Eine „gefühlte Mehrheit“ habe sich für Szenario 2 entschieden, das für aurelis jedoch noch nicht wirtschaftlich sei (nur 35.000 qm Bruttogeschossfläche – das entspricht in etwa des gesamten Komplexes der Schwaben-Galerie), weshalb es nach Möglichkeit verdichtet werden müsse. Dies hat aurelis gegenüber dem Stuttgarter Umwelt- und Technikausschuss Anfang Mai so vorgestellt und will es nun weiter ausarbeiten.
Szenario 1 sei utopisch und für die Stadt zu teuer.
Szenario 3 würde den Verkehr an den umliegenden Straßenkreuzungen mehr oder weniger zum Erliegen bringen.
Was daran zu kritisieren ist:
aurelis hat mit Szenario 2 einen Bebauungsumfang und Nutzungsarten vorgeschlagen, wie sie ihn bereits zusammen mit dem FOB verwirklichen wollte. Die so genannte Bürgerbeteiligung hat also praktisch keine Veränderung der aurelis-Pläne zugelassen.
aurelis will weiterhin Einzelhandel auf der Fläche unterbringen, das würde jedoch die Nahversorgung in den umliegenden Ortsteilen weiter schwächen (siehe Einzelhandelskonzept der Stadt Stuttgart).
Die unterschiedlichen Auswirkungen der Szenarien auf den Stadtbezirk wurden bisher nicht diskutiert. Dafür aber ausführlich das Kriterium „Wirtschaftlichkeit“ für aurelis.
Der durch die „Schlichtung“ zu Stuttgart 21 verlangte Erhalt der Gäubahn mit einem möglichen Regionalzughalt in Vaihingen wurde bei der Frage, ob das Gelände bebaut werden soll oder möglicherweise weiter für Bahnzwecke benötigt wird, überhaupt nicht berücksichtigt.
Es waren ungefähr 4 Promille der Vaihinger Bevölkerung beteiligt. Bevor sie sich zu den Szenarien äußern konnten, haben die anwesenden Stadträte sich für Szenario 2 entschieden. Schon im Zusammenhang mit den Planungen des FOB hatten sich aber die IgFOB und zahlreiche Vaihinger Bürgerinnen und Bürger immer gegen die mit diesem verbundene Gewerbebebauung ausgesprochen. Das Hauptaugenmerk hatte aber natürlich der Verhinderung des Fernomnibusbahnhofs gegolten, so dass sich viele als dieses Ziel erreicht war, zurück zogen. (siehe z.B. Informationsblatt der IgFOB vom 20.1.2009). Bei zahlreichen „Bürgerbefragungen“ durch die IgFOB sprach sich niemand für eine Gewerbebebauung aus.
Die an den Workshops Beteiligten erhielten nur sehr selektiv ausgewählte Informationen über das Gelände, viele Fragen blieben unbeantwortet.
aurelis wird Szenario 3 kaum vermarkten können, es dient nur dazu, Szenario 2 „harmlos“ erscheinen zu lassen. Doch auch Szenario 2 wird dazu führen, dass die umliegenden Straßen an ihre Kapazitätsgrenze stoßen. Die verkehrlichen Auswirkungen von Szenario 2 übertreffen voraussichtlich die Auswirkungen des FOB. Und dieser wurde vom Gemeinderat ja letztlich vor allem wegen seiner nicht zu bewältigenden Verkehrsmengen verworfen.
Wer sich ausführlicher über die Geschichte und Hintergründe des Aurelis-Gelände mit zahlreichen Stellungnahmen von Bürgern und Gemeinderäten informieren will, findet alle diese Informationen auf der Internet-Plattform der „Initiative gegen einen Fernomnibusbahnhof in Vaihingen“: www.igfob-vaihingen.de
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