Eingangsstatement von Steffen Siegel bei der Erörterung des Filderabschnitts (22.9.14)

Ich grüße alle Freunde der fruchtbaren Filder!
1967, vor 47 Jahren, gründete sich die Schutzgemeinschaft Filder als Reaktion auf die Pläne, auf den Fildern einen Großflughafen mit drei Startbahnen zu bauen. Wir haben in unserer Geschichte gegen viele weitere Zerstörungen gekämpft, – gegen die Messe auf allerbesten Böden, – erfolgreich gegen eine zweite Startbahn und vieles mehr.
Wir sind die älteste und wohl eine der erfahrensten BI´s Deutschlands.
Weil Anfang der 90er Jahre die Messe hier oben nicht durchsetzbar schien, kam die Politik, nicht die Bahn, 1994 auf die Schnapsidee, den Stuttgarter HBHF zu drehen, tieferzulegen und einen Tunnel hinauf auf die Filder zu bauen.
Keiner nahm dieses unterirdische Projekt zunächst Ernst.

Aber: Seither arbeiten Heerscharen von Ingenieuren und Juristen an diesem sog. Jahrhundertprojekt, schwärmen von einer rosigen Zukunft, haben es allerdings bis heute noch nicht einmal geschafft auch nur einigermaßen brauchbare Pläne vorzulegen. Neben einer Vielzahl von Planänderungs-verfahren in diversen anderen Planabschnitten soll nun endlich für den Filderbereich 1.3 ab heute ein Erörterungsverfahren stattfinden. Vor langer, langer Zeit, im Jahr 2002 hat die Bahn für diesen Filderabschnitt Pläne ans Eisenbahnbundesamt eingereicht, um ein Planfeststellungsverfahren einleiten zu dürfen. Mehrere vergebliche Anläufe führten in den folgenden Jahren immer zum gleichen Ergebnis seitens des EBA, Zitat: „nicht genehmigungs-fähig“. Hauptgrund war, dass die Züge aus Zürich, Singen (Gäubahnzüge) auf einer eigens in den Rohrer Wald geschlagenen Kurve auf die bestehenden S-Bahngleise geführt werden sollen und dann im Mischbetrieb zum Flughafen.
Die Pläne seien so niemals umsetzbar, allenfalls mit einer Ausnahme-genehmigung durch das Bundesverkehrsministerium, nur dies sei, so das EBA (Zitat:) „wenig aussichtsreich“.
Und was machen die Planer, sie warten einfach zu. 8 weitere Jahre lang.
In Stuttgart läuft es auch nicht rund, dort ist man inzwischen bei der 14. Planänderung, aber warum geschah hier oben gar nichts.
Unfähigkeit oder Raffinesse?
Mit Gottes Hilfe hat schließlich im Jahr 2010 ein aus Bayern stammender Verkehrsminister doch tatsächlich für den kritischsten, eigentlich nicht genehmigungsfähigen Teil im Filderabschnitt eine windige, zeitlich bis 2035 befristete „Ausnahmegenehmigung“ mit ebenso windigen Einschränkungen ausgesprochen. Dabei ist es grob fahrlässig in zu engen Tunneln auf reinen S-Bahngleisen zusätzlich Regional- und Fernzüge fahren zu lassen, mit höhengleichen Fahrbahnkreuzungen, ja z.T. mit Gegenverkehr usw.
Warum aber ging man damals nach der Erteilung dieser Ausnahmegenehmigung durch Ramsauer 2010 nicht zügig ins Planfest-stellungsverfahren? Gab es vielleicht viel mehr versteckte Probleme?
Wieder sind seither über 4 Jahre vergangen.
Ist es planerische Unfähigkeit oder ist es Taktik? Warum wirft man uns Kritikern vor, wir wären Schuld an den endlosen Verzögerungen?
Der sog. „Filderdialog“ 2 Jahre später war ein kläglicher Versuch, hier noch was zu retten. Er sollte(Zitat): “das Planfeststellungsverfahren zu 1.3 entlasten“ und es solle dadurch (Zitat) „die Akzeptanz (!) des Vorhabens steigen“.
Aber es lief nicht im Sinne der Macher: Bei jeder Abstimmung fiel die sog. Antragstrasse raus. Das zeigt, dass selbst eine miserable, trickreich beeinflusste Bürgerbeteiligung zu, – von den Planern unerwarteten Ergebnissen führen kann.
Am Ende wurde das Ganze dann vollends absurd, indem die Herren Kefer und Hermann nach Beendigung des Filderdialogs sagten: Ätsch, euer klarer Mehrheitsbeschluss, nämlich der Erhalt der Gäubahnführung auf der Panoramastrecke gilt nichts, wir dagegen wollen einen anderen Flughafenbahnhof und nennen dies das Ergebnis des Dialogs. Aber nicht mal dies setzten sie um. Und so kehrten sie kurz drauf wieder auf die alte Antragstrasse zurück. Ja was sind denn das für Planungen???
Jetzt sind seit dem Filderdialog wieder zwei Jahre ins Land gegangen. Wollen die uns veräppeln? Wollen die das Projekt gar nicht rasch umsetzen?
Wollen die anderswo Fakten schaffen, um nicht mehr umkehren zu können?
Dass das System auf den Fildern hinten und vorne nicht funktioniert, war jedem Bürger mit leidlich gesundem Menschenverstand klar. Die S-Bahnen fahren in 10 bzw 20 Minuten Abständen und müssen zwischen Rohr und Flughafen dreimal halten, dh. sie verlieren bei jedem Halt ca. 1,5 Minuten. Wenn sie nun, was sehr häufig vorkommt, einige Minuten verspätet sind (heute Morgen 10 Min.!) passt dann kein Gäubahnzug mit dem nötigen Sicherheitsabstand mehr in die Lücke. Entweder die S-Bahn muss warten, was die Verspätung erhöht, oder z.B. der ICE aus Zürich baut eine Verspätung auf.

Noch schlimmer klemmt es beim Terminalbahnhof, wo die verschiedenen Zugarten nur noch je eine Bahnsteigkante zur Verfügung haben (verschiedene Ausstiegshöhen) und damit ein eingleisiger Gegenverkehr gemeistert werden muss und schließlich gibt es mehrere höhengleiche Fahrbahnkreuzungen usw. Das hatte auch schon sma bemängelt. Und dieser Tage wird es durch die Untersuchung der TU Dresden wissenschaftlich unterstrichen.
Großer Dank an die Stadt Leinfelden-Echterdingen!
Ein schon lange gewünschter, engerer S-Bahntakt oder gar eine S-Bahnver-längerung nach Neuhausen sind offensichtlich nicht umsetzbar. Und dabei haben die Dresdner noch gar nicht bedacht, wie eng es beim Einfädeln der Gäubahnzüge in die Neubaustrecke wird. Durch die eingleisige Wendlinger Kurve passen die langsamen Züge aus Tübingen nur mehr mühsam zwischen die von der Alb herabrasenden Züge aus Ulm. In dieses enge Korsett passen keine verspäteten Gäubahnzüge mehr und all dies schaukelt sich auf und führt im ohnehin viel zu eng bemessenen Tiefbahnhof in Stuttgart zu dramatischen Störungen. Auf dieses Problem wiesen übrigens schon sma und auch Geißler in der Schlichtung hin.
Der Filderabschnitt strotzt vor Unklarheiten:
— Um die Sicherheit und den Brandschutz ist es schlecht bestellt, im Tunnel mit Ausnahmegenehmigung, ja in allen Tunneln, im zu erweiternden Terminalbahnhof und im 27 m (!) tiefen Fernbahnhof unter der Messe.
— es gibt kein funktionierendes Notfallkonzept,
— der Güterverkehr kann nicht mal mehr in Notfällen auf die Gäubahntrasse ausweichen, und wird auf die Straße verlagert,
— ein integraler Taktfahrplan ist nicht umsetzbar
— mehr als 30 Hektar bester Filderböden werden allein in Plieningen für alle Zeiten versiegelt (unerhört, dies auch noch so zu nennen!), von den während des Baus ruinierten Äckern ganz zu schweigen.
— der Stuttgarter Tiefbahnhof ist ein Sarkophag und auf alle Zeiten nicht erweiterbar, – hat die schmalsten Bahnsteige und die verrückteste Schrägneigung aller Großbahnhöfe Deutschlands.
Das gesamte System unten und oben stellt einen unzulässigen Rückbau dar.
Der einzige Sinn dieser Filderpläne, scheint es, die Leute zum klimaschädlichen Fliegen zu animieren, gewiss nicht dazu, auf die Bahn umzusteigen.

Und zu allem Überfluss werden wir auch noch ständig, höflich formuliert, von der Bahn bewusst an der Nase herumgeführt:
–Sie behaupten heute noch, der Tiefbahnhof habe doppelte Leistungsfähigkeit
— Die Kosten des Projekts stiegen im Laufe der Jahre von 0 Euro über 2,5, dann 3,1 und 4,5 auf jetzt 6,8 Milliarden Euro und das wird niemals reichen und die Bahn wusste es jeweils schon Jahre vorher, bevor sie es gezwungenermaßen preisgab. Jetzt sagen sie, unser Geld reicht nicht für 6,8 Mrd, aber wir werden das fehlende Geld in 2 bis 3 Jahren aus den Projektpartnern herausklagen. Bis dahin bauen wir mal lustig drauflos. Welch verquere Denkweise! Dabei geht es hier um Milliarden. Sagte Herr Grube nicht, er sei ein seriöser, hanseatischer Kaufmann? Hier müssten gerade auch Befürworter von S 21 Sturm laufen.
Was wir brauchen ist wenigstens Offenheit und Ehrlichkeit.
Das gleiche Spiel mit dem Fertigstellungstermin von S 21:
Erst hieß es, wir sind spätestens 2008 fertig, dann 2012 (zur Olympiade), im Jahr 2010 sprach man von 2019 und jetzt von 2021 und alle wissen, dass das nie und nimmer stimmt. Es ist wie im Tollhaus.
Kann man von den Planern aber nicht wenigstens erwarten, dass sie die Bevölkerung ehrlich informieren?
Was wir wirklich brauchen:
Das Land muss dringend die unsinnige Prämisse der Vorgängerregierung aufgeben, die Gäubahn müsse über den Flughafen geführt werden.
Wir müssen das Ergebnis des Filderdialogs umsetzen, nämlich den Erhalt der Gäubahnführung (das hat übrigens auch Geißler gefordert) über Vaihingen und die Panoramastrecke nach Stuttgart, mit einem wirklich wichtigen Filderhaltepunkt in Vaihingen.
Wir brauchen einen S-Bahnringschluss über die Filder ins Neckartal.
S21 zerschneidet sinnlos die Filder, S21 erschließt sie nicht usw. usw.
Wie fasste es Prof. Rohrhirsch so kurz wie richtig bei einer Montagsdemo zusammen: „Wir bauen für obszön viel Geld grotesk wenig Leistung!“
Hoffen wir, dass die Erörterung unsere berechtigte Kritik Ernst nimmt und nicht weichgespült ans EBA zur Entscheidung weiterreicht.
Nutzen wir dieses Verfahren, um das Beste für Stuttgart herauszuholen,
erhalten wir einen einzigartigen Kopfbahnhof, erhalten wir die einzigartig fruchtbare Filderebene, denken wir an unsere einzigartigen Kinder.

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