Vorgetragen von Bernhard Völker, am Montag, 22. September 2014, Messe Stuttgart, Halle C1
Sehr geehrte Frau Bühler,
Sehr geehrter Herr Trippen,
Werte Herren Vertreter des Bahnprojekts,
Geehrte Einwender,
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
nach einschlägigen Erfahrungen bei der Anhörung zum Grundwassermanagement im vergangenen Jahr möchte ich hier nicht in die Sachdiskussion eintreten, sondern nur kurz Voraussetzungen und Hintergründe der jetzt beginnenden Veranstaltung ansprechen. Gestatten Sie mir bitte, mich dabei einer schriftlichen Vorlage zu bedienen. Das hat zumindest den Vorteil, dass dieser Wortbeitrag begrenzt bleibt und dass Ihnen weitschweifige Ausführungen erspart werden. Aber nicht zuletzt auch, dass dann eine Beweisgrundlage vorhanden ist, falls wie bei einer früheren Gelegenheit schon einmal angekündigt, strafrechtliche Schritte erwogen werden sollten.
Ich darf zunächst den Mitarbeitern des Regierungspräsidiums danken für ihre umfangreiche Vorarbeit, die diese Erörterung erst möglich gemacht hat.
Ich darf den Befürwortern des Bauvorhabens meinen großen Respekt dafür ausdrücken, dass sie so viele Tage, ja ganze Wochen ihrer wertvollen Arbeitszeit hierfür investieren – wohl wissend, dass sich an der Durchführung des Projekts nichts ändern wird.
Und ich darf den Zuhörern und später auftretenden Einwendern meine Bewunderung dafür aussprechen, dass sie offenbar immer noch glauben, durch diese Anhörung könne irgend etwas bewirkt werden.
Die bevorstehenden Wochen dürften schwierig werden für die Verhandlungsleiter, aber ganz besonders für die Herren, die als Mitarbeiter der Bahn oder als von ihr Beauftragte das Projekt vertreten müssen. Ihre Mission ist es, den Schein aufrecht zu erhalten, hier würde nicht nur angehört, sondern auch abgewogen und es würden sich ggf. Folgen für das Projekt ergeben. Ihre Funktion kann und darf hingegen nur sein, alles was bei dieser Veranstaltung vorgetragen wird – Fakten, Argumente, Gutachten, wissenschaftliche Belege oder was auch immer – prinzipiell zurückzuweisen, wegzuwischen und alles zu leugnen, was das Vorhaben gefährden könnte. Nach dem einfachen Grundsatz, dass eben nicht sein k a n n was nicht sein d a r f . Erneut sei dem Vorstandsvorsitzenden der Bahn, Herrn Grube, dafür gedankt, dass er schon vor geraumer Zeit dieses Grundprinzip mit erfreulicher Klarheit formuliert hat: „Das – ziehen – wir – jetzt – durch.“
Erlauben Sie mir, als Beleg für das Gewicht der vor uns liegenden arbeitsreichen Phase aus einem bedeutsamen Text zu zitieren, und zwar aus dem Anhörungsbericht des Regierungspräsidiums, vorgestellt in der Pressekonferenz am Montag, 19. Januar 2015. Ich darf betonen: Sie haben sich bei dem Datum nicht verhört und ich habe mich nicht versprochen: 19. Januar 2015. Die zentrale Passage dieses umfangreichen Dokuments lautet: „Das Regierungspräsidium ist nach sorgfältiger Abwägung der zahlreichen Planunterlagen, Einwendungen und Stellungnahmen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Durchführung der im PFA 1.3 (Filder) geplanten Baumaßnahmen keine unüberwindbaren Hindernisse entgegen stehen.“ (Zitat Ende)
Ich beschränke mich auf diesen Satz, denn er bedeutet in der Konsequenz das zu erwartende Grüne Licht für das Projekt. Oder sollte die Möglichkeit bestehen, dass in dem Anhörungsbericht, der ja dann dem Eisenbahnbundesamt als Grundlage für seine Entscheidung dienen wird, eine deutlich abweichende Wertung enthalten sein wird? In diesem Fall wäre ich jederzeit bereit, öffentlich Abbitte zu leisten und bußfertig zu erklären, dass ich mich schwerwiegend getäuscht habe.
Unser aller Mitgefühl sollte jetzt den Projektvertretern gelten, die eine äußerst undankbare Aufgabe übernommen haben. Sie werden mancherlei unsachlichen Angriffen und Anfeindungen ausgesetzt sein. Doch leider leben wir in einem Land, das größten Wert drauf legt, als „Rechtsstaat“ zu gelten. Und da müssen bei einem so umfangreichen Vorhaben zahlreiche Bestimmungen eingehalten, müssen Betroffene angehört und müssen Genehmigungen eingeholt werden – was immer wieder den Weiterbau verzögert. Zwar steht für solche Hindernisse inzwischen der schöne und öffentlich wirksame Begriff „behördlicher Schwergang“ zur Verfügung, aber ärgerlich ist es schon, dass man wegen solchem Formalkram nicht frei handeln darf. Unter anderen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Voraussetzungen könnte ohne diese lästigen Begleitumstände von oben nach unten geplant, beschlossen und realisiert werden. Das war doch früher beim Autobahnbau ganz anders, und auch gegenwärtig können in Putins Russland Olympiaanlagen und Fußballstadien aus dem Boden gestampft werden – da hindert keine Rechtsbindung und schon gar kein Bürgerprotest. Bedauerlicher Weise sind so günstige Rahmenbedingungen hier und heute nicht gegeben. Doch kann Ihnen, meine Herren, eine Parole von Generalfeldmarschall Hindenburg aus dem Ersten Weltkrieg Hoffnung machen, die lautete: „Die Zeiten sind schwer, aber der Sieg ist sicher.“ Das muss hier nur geringfügig abgeändert werden: „Die Zeiten sind schwer, aber wir werden unser Ziel erreichen.“ Die hier – wenn auch zähneknirschend – abgesessenen Tage werden nicht verlorene Mühe sein. Denn danach können Sie, wenn das Projekt wie vorgesehen weiter geführt wird, entspannt vorbringen, es sei alles “rechtmäßig“ abgelaufen und damit sei es ja auch „Volkswille“. Noch dazu gibt es diese Volksabstimmung. Deren Resultat ist allgemein bekannt, auch wenn es keine Aussage über Vor- und Nachteile von S 21 darstellt: Es handelt sich vielmehr um einen überzeugenden Beweis dafür, dass eine jahrelange Propagandakampagne mit Millionen überwiegend öffentlicher Gelder und der unermüdliche Einsatz hoher Funktionsträger zu beachtlichen Erfolgen führen kann. Ähnliche Vorgänge finden sich ja auch in der jüngeren deutschen Geschichte.
Ein letzter Punkt. Es wäre nur zu begrüßen, wenn bei den hier beginnenen Anhörungen das leidige Thema der Kosten nicht unnötig ausgebreitet würde. Wozu auch? Natürlich wird die Allgemeinheit, natürlich werden die Bürger direkt oder indirekt alles zahlen müssen, was hier verbaut wird – auch das, was die Bahn angeblich selbst schultert: Woher hat sie denn wohl ihr Geld? Und die Volksvertreter werden alles bewilligen, wieviele Milliarden es auch sein mögen. Was bleibt ihnen denn anderes übrig? Die sogenannten Deckelbeschlüsse des Gemeinderats Stuttgart wie auch des Landtags von Baden-Württemberg sind schon heute das Papier nicht wert, auf das sie gedruckt wurden. Kümmern Sie sich also nicht um das Kostengerede, schaffen Sie Fakten, machen Sie die Sache endgültig unumkehrbar, bauen Sie!
Um Ihnen, meine Herren Projektvertreter, die Belastungen dieser Tage wenigstens etwas erträglicher zu gestalten, sollten Sie zumindest auf angemessen hohem Niveau verpflegt werden. Ich erlaube mir daher, der Versammlungsleitung eine Spende von 63 € (ermittelt aus 3 x 21) zu überreichen, die ausschließlich für die Verbesserung Ihrer Versorgung mit Speis und Trank gedacht ist.
Ich danke allen Anwesenden für die Aufmerksamkeit.
Bernhard Völker, Stuttgart-Vaihingen
19 Antworten auf Bernhard zum Auftakt der Erörterungsverhandlung zum PFA 1.3