Über 60 Leute waren am 23.Februar am Rohrer Kreisel hier und waren laut, weil es auch die Menschen oben in Rohr etwas angeht, wenn unten in der Stadt ein Milliardenprojekt dafür sorgt, dass auf Jahre hinaus kein Geld mehr für wichtigere Projekte da sein wird und Filz und Vetterle ungerührt im Alleingang weiter regieren.
Über 60 Menschen, die sich dafür interessierten, für welches Programm Werner Wölfle, Landtagskandidat der Grünen und amtierender Gemeinderat und Landtagsabgeordneter, eintreten will. Beide Seiten, sowohl Wölfle als auch das Publikum, bewiesen Ausdauer. Wölfle stand drei Stunden am Stück konzentriert Rede und Antwort, und die Zuhörer erwiesen sich als ein sehr aufmerksames, gut informiertes und gut vorbereitetes Publikum, das den Gast mit kritischen Fragen näher zu beleuchten versuchte.
Den Startschuss gab eine mittlerweile vollkommen etablierte Aktion. Punkt sieben war der Kreisverkehr umzingelt. Es war „Schwabenstreich“.
„Ich bin, wenn Sie so wollen ein Augenzeuge“, begann Wölfle seine Kandidatenvorstellung. Er war 2007 einer der Vertrauensleute, als das erste Bürgerbegehren gestartet wurde und schließlich innerhalb kürzester Zeit 67 000 Unterschriften zusammenkamen. Was dann oder vielmehr parallel dazu geschah, gehöre, so Wölfle, zu seinen bittersten Erfahrungen. OB Schuster leistete ohne Not, ohne Zeitdruck, ohne Zwang und ohne Rücksicht auf demokratische Grundwerte seine Unterschrift unter die ersten Verträge zu Stuttgart 21.
Unlängst war Wölfle wieder unmittelbar dabei: „Schlichtung“ hieß das neue Thema, und auch das sollte mit einer Enttäuschung enden. „Das Raffinierte an Heiner Geißler ist, wenn du mit ihm redest, denkst du, er gibt dir recht. Wir haben vielleicht unterschätzt, dass er schon immer raffiniert war“, resümierte der Grünen-Kandidat. Die Schlichtung war ein erster großer Punkt beim Vaihinger Kandidatencheck, das Informationsbedürfnis der Bürger war hier sehr hoch. Man wollte wissen und begreifen, wie es zu diesem Schlichterspruch kommen konnte. Wölfle umriss die eigenwillige Figur Geißlers, der nicht als Garant für dessen eigenen Sprüche tauge und erklärte schließlich: „Ich habe bis heute keine Alternative zu diesem Prozess.“ Und: „Von uns hat niemand gesagt, S21 plus ist gut, nie.“ Ins Zentrum der Forderungen stellte Wölfle jetzt nachdrücklich den Stresstest unter den Augen der Öffentlichkeit und begleitet vom Bündnis. „Wir wollen einen Stresstest, bei dem mit offenen Karten gespielt wird, sonst ist der nichts wert. Alles andere ist nicht drin“, sagt der Grünen-Kandidat.
Dass die S21-Fachleute lediglich nachweisen müssen, dass S21 um 30 Prozent leistungsfähiger als der jetzige Bahnhof sei, hält er für einen Witz. „Da wird so viel Geld vergraben, das müsste sich natürlich von einem ertüchtigten Bahnhof ableiten.“
Schließlich spielten der Kandidat und das Publikum die verschiedenen Wahlszenarien durch. „Das Beste wäre natürlich eine absolute Mehrheit, dann stoppen wir S21“, erklärt Wölfle. Aber man werde wahrscheinlich nicht allein gewählt, fügt er schelmisch lächelnd hinzu, mit der SPD sehe man sich wohl einem Volksentscheid gegenüber. Wie auch immer, Wölfle verbindet mit einer Wahl ausdrücklich den Aspekt Verantwortung. „Wenn das Volk so wählt, dass wir Regierungsverantwortung übernehmen können, dann übernehme ich die“, sagte er. Ein Zusammenregieren mit der CDU verschob er dann aber doch auf 30 Jahre später – vielleicht. Wölfle warb, vor allen Dingen zur Wahl zu gehen – wer nicht wählt, wählt ja auch CDU. Der neu aus dem Hut gezauberte Schlichter Wörner solle eingeladen werden, um ihm die eigene Botschaft zu erklären, neue Formen der Bürgerbeteiligung seien notwendig und die Bahnreform nach Vorschlag der Grünen will eine Trennung von Infrastruktur und Betrieb, und keine Privatisierung des Gesamtkomplexes. Nach einem aufschlussreichen Abend gab es zur Krönung auch noch ein Lob mit auf den Heimweg. „Ihr seid ja zum Teil schon blendend geübt im Argumentieren, also tu mer’s, informieren wir“, motivierte Wölfle. Na, dann los.
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