NBS Wendlingen–Ulm

bei-geislingen_1Es ist eine herrliche Fahrt:

Erst geht es durch das liebliche Filstal, dann scheinen die begrünten Hänge immer höher zu wachsen. Das Züglein neigt sich in eine weite Kurve, da sind die ersten Felsschroffen des Urgesteins zwischen den Bäumen zu sehen. Die Bergnasen werden steiler, rücken zum Greifen nah heran. Ein kurzer Halt in Geislingen, das Tal wird immer enger, doch die Lok arbeitet sich stete weiter auf die Schwäbische Alb hinauf. In einer Felsenbucht ist das Mahnmal für die beim Bau ums Leben gekommenen Arbeiter. Es stiftet zum Nachdenken an, zur Dankbarkeit und macht den heutigen Reisekomfort bewusst.

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Künftig wird da eine Tunnelröhre sein und so viel virtuelle Realität, wie die DB AG den mit ihr Reisenden zumisst …

Ein seltsamer Ekel packt mich:

Wir werden verhöhnt als sehende Wesen – ohne den Blick auf die grünenden Hänge, die leuchtend gelben Rapsfelder und ziehende Wolken am azurblauen Himmel über der Schwäbischen Alb.

Wir werden ortlos – ohne all die kleinen Dörfer, die stattlichen Rathäuser und charakteristischen Kirchen.

Wir werden der Zeit beraubt – ohne Anhaltspunkte im hier und jetzt, ohne Wahrnehmung der Baudenkmale und der seit Jahrhunderten gepflegten Landschaften.

Wir werden belogen: Was soll denn daran Fortschritt sein?

Wenn Menschen wie Rohrpost durch dunkle Tunnel gejagt werden, abseits von Natur, Kultur und Geschichte? Was sind denn ein paar Minuten Reisezeit weniger – im Vergleich zu diesem Verlust an landschaftlicher Schönheit, an Sonnenlicht, an Realität?

Eine solche Planung ignoriert, ja verachtet alles, was in mir ‚Mensch’ ist.

Und verdichtet die Erkenntnis:

Wir werden betrogen.

(Einmal ganz abgesehen davon, dass das formalisierte und operationalisierte volkswirtschaftliche „Nutzen-Kosten-Verhältnis“ längst schon unter 1,0 gefallen ist)

Kristin – Eine Bahnreisende für den Kopfbahnhof

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