Liebe Freunde unserer Stadt und eines vernünftigen Schienenverkehrs,
Liebe Ehemalige und Gegenwärtige,
es sieht so aus, als seien in den letzten Wochen die S 21-Dinge „in Bewegung gekommen“: Sitzung DB-Aufsichtsrat im Dezember, 2-3 Mrd. Mehrkosten (und das wird ja erst der Anfang sein ..), Kuhn: „gegen die Wand gefahren“, Bundestags-Verkehrssauschuss, Lenkungskreis verschoben . . .
Vor verfrühten Erwartungen sei ausdrücklich gewarnt! Was sich hier abspielt, ist nicht die Folge eines Durchbruchs von Vernunft und Einsicht auf Betreiberseite, sondern liegt allein daran, dass die immer massiveren Probleme (finanzielle wie technische) nicht weiter unter dem Teppich zu halten sind.
Was also tun? Bewährtes Mittel: Einen Schuldigen finden, dem man „Fehler“ zuschieben kann. Da nimmt man sich am besten die Bahn vor: Die Bahn informiert nicht rechtzeitig, die Planung ist zu wenig transparent, man kooperiert nicht genügend. Das alles um möglichst davon abzulenken, dass nicht der Weg sondern das Ziel der zentrale „Fehler“ ist, das Kernproblem. Sehr gut abzulesen am Verhalten der ‚Stuttgarter Zeitung‘. Siehe etwa Leitartikel H. Gayer vom 13.12. „Nächste Stufe im Bahndebakel“: Darin „Die unrühmliche Hauptrolle spielt wieder einmal die Bahn.“ Aber weiter unten, unbeirrt: „Die Tatsache, dass in Stuttgart weitergebaut wird … Darüber hinaus gibt es weder eine juristische noch eine politische Handhabe, das Projekt zu stoppen.“
Im Klartext: „Wir stehen weiter zu dem Projekt“, aber wir brauchen einen Blitzableiter für den jetzt aufkommenden Unmut!
Ich halte es auch für problematisch, sich zu sehr auf die Kostendebatte einzulassen. Diese hin und her-Schieberei (Wer übernimmt wieviel ..) vernebelt doch nur weiterhin die Basistatsache, dass wir – ob man das nun Bürger, Gesellschaft oder Öffentlichkeit nennt – alles (alles!) bezahlen müssen, bis auf den letzten Euro! Direkt über Steuern oder indirekt über weiter gegebene Unkosten bei Waren oder Dienstleistungen (und sei es über sieben Ecken). Wir bekommen nichts geschenkt, von niemand, weder von der Bahn noch vom Bund oder von der EU oder sonst woher. Deshalb ist es eine geradezu zynischer Versuch von Volksverdummung, wenn Grube sagt bzw. gesagt hat: „So ein Geschenk kann man nicht ablehnen.“
Bitte das immer klarstellen, ehe man sich in diese Kostendiskussion verwickeln lässt!
Es gibt ja schon die – ebenfalls zynischen – Äußerungen: Was wollt ihr denn – es ist doch eh klar gewsen, dass das alles viel teurer wird.
Wo immer möglich sollten wir den Satz einbringen: Das Projekt darf im Interesse der Öffentlichkeit nicht gebaut werden, selbst wenn es keinen einzigen Euro kosten würde!
Ebenso: Sich nicht einfach an die „Planungsfehler der Bahn“ anhängen! Wer sich auf eine Diskussion über den Weg einlässt, sollte sich klar machen, dass er damit das Ziel akzeptiert, ob ihm das bewusst ist oder nicht! Bitte nicht diese billige und kurzsichtige Schimpferei.
Den Planern war doch vorgegeben:
1)Der Bahnhof muss (!) unter die Erde, damit die Gleisflächen verkauft und renditeträchtig genutzt werden können.
2)Wir (=die Landesregierung) verlangen auch noch einen Flughafenbahnhof
3)Der Kostenrahmen muss niedrig gehalten werden, damit die Parlamente das Projekt nicht sofort ablehnen.
Unter diesen Umständen konnte(!) doch gar nichts Besseres rauskommen!
Also auch da: Immer betonen, dass S 21 vom Inhalt her abzulehnen ist, nicht wegen der Schwierigkeiten auf dem Weg!
Und noch ein Nachtrag zu meiner Postille mit „das Herz des Pharao blieb verstockt.“ Erst nachher kam ich darauf, dass ich da die Quelle falsch angegeben hatte (zu lange im Alten Testament hin und her geblättert): Das ist natürlich aus dem 2. Buch Moses, Exodus, nicht Genesis (1. Buch): es geht ja um die Plagen Ägyptens, bevor das Volk Israel losziehen darf. Ich vermute, unser Ex-OB Rommel hätte das gleich gemerkt; der konnte doch recht geschickt mit der Bibel umgehen.
Zwei offen Fragen zum Schluss:
– Wie lange werden die SPD-Funktionsträger ihre sture Linie durchhalten? Ich vermute mal sogar länger als die CDU: die zeigt sich manchmal erstaunlich beweglich – siehe Energiewende! Aber wenn die Betonriege von Schmiedel bis Reißig sich mal in etwas verbissen hat, kämpfen Götter selbst vergebens …
– Bei welcher S 21-Plage sind wir inzwischen angekommen (in Ägypten waren es zehn)? Nordflügel, Schwarzer Donnerstag, Volksabstimmung, Schlossgarten, Südflügel . . . Aber auch das Volk Israel hat damals die Hoffnung nicht verloren!
Oben bleiben!
Bernhard Völker
Stuttgart-Vaihingen