16. Juni, 16:00 Uhr. Das Wetter ist gut, und die KundgebungsteilnehmerInnen strömen auf den uns zugewiesenen Schulhof. Viele kommen zu spät, weil die U5 nicht ideal getaktet ist – macht nichts, wir fummeln noch an unserer Tonanlage herum: das vorgesehene Kabelmikro zickt, wir wechseln aufs Funkmikro.
Endlich geht es los. Ich als Hauptorganisator und Veranstaltungsleiter begrüße die Anwesenden und weise ironisch auf das Risiko hin, dass der FilderdiaLÜG erneut hätte ausfallen können. Ein erster Lacher beim Publikum – die meisten wissen, dass wir beim letzten Mal mangels FilderdiaLÜG vor einer leeren Halle demonstriert haben. Das ist gut, denn der erste Lacher bricht immer das Eis. Dann stelle ich den Hauptredner vor, Herrn K.-D. Bodack, der lange und gut referiert und viel Beifall erhält.
Aber trotz des guten Starts ist die Kuh bei unserer Veranstaltung noch lange nicht vom Eis: Unser Programm reicht leider nur bis ca. 16:40 h. Ich habe einfach nicht genügend Redner bekommen. Ab 17:00 h wird die Lage entspannen – ich plane, herauskommende Teilnehmer des FilderdiaLÜGs von Fleck weg zu rekrutieren. Aber es bleibt eine unschöne Lücke von ca. 20 Min., die ich auch durch Ausweiten meiner eigenen Rede nicht habe füllen können.
Meine Ausführungen kommen allerdings gut an. Einen großen Erfolg erziele ich, als ich berichte, dass ein nach eigenem Bekunden gut mit den Fildern vertrauter Mitarbeiter des Stuttgart-21-Infomobils („Lügenmobil“), das derzeit auf dem Neuen Markt hier in Leinfelden steht, im Gespräch steif und fest der Ansicht war, er sei in Filderstadt, nicht in Leinfelden-Echterdingen. Aber trotz der zahlreichen Lacher und gelegentlicher Sprechchöre des Publikums dauert meine Rede nicht wesentlich länger als geplant.
Aber da springt – wie schon bei der letzten Filderkundgebung – T. rettend ein und spricht lange aus dem Stegreif. Ich höre kaum, was er sagt, weil ich schnell eine Tour über den Platz mache – schauen, ob die Ordner klarkommen, und Bekannte begrüßen. Aber ich höre, dass er den Nerv der Leute trifft und viel Beifall erntet, und das alles absolut ohne Vorlage – Respekt! Zwischendurch beantworte ich dem anwesenden Journalisten der Stuttgarter Nachrichten einige Fragen.
Als T. zum Abschluss kommt, höre ich, dass Hannes Rockenbauch den FilderdiaLÜG aus Protest vorzeitig verlassen hat und bei uns ist. Ich gebe ihm hocherfreut das Mikro, und er äußert sich in einer leidenschaftlichen Rede u. a. empört über den Umgang mit den Quotenbürgern auf dem FilderdiaLÜG. Hannes ist ein hervorragender Redner und im Umgang mit dem Mikro wesentlich versierter ist als ich – aber das muss er als Bürgermeisterkandidat ja auch.
Danach kommt I., Mitglied des Schwabenstreichs Leinfelden und Angehöriger der Piraten, zu Wort und berichtet, wie trotz Verbots Videodaten aus der Filderhalle geschleust wurden. Zuerst befürchte ich, dass er durch einen allzu technischen Vortrag die Leute nicht erreicht, aber als er sich eine Minute lang warm geredet hat, reißt er die Anwesenden zu Beifallsstürmen hin – ein echtes rhetorisches Talent, der die Geheimniskrämerei die FilderdiaLÜGs hervorragend aufs Korn nimmt.
Schließlich tritt Andreas Kegreiß von Pro Bahn zusammen mit mir auf den Rednerhügel. Es hieß vorher, ich sollte ihn interviewen, aber ich habe mir keine Fragen mehr zurechtlegen können. Aber alles geht völlig problemlos – Andreas und ich entpuppen uns als prima Team, und seine absolut sachkundig-fundierten und treffend formulierten Antworten auf meine improvisierten Fragen kommen gut an. Während einer langen „Klatschpause“ frage ich ihn leise, ob er sich von mir noch eine spezielle Frage wünscht. Und dann sagt er: Ja, frag mich doch, ob Pfarrer Bräuchle auch beim Dialog war. Ich tue es – und liefere ihm damit die Steilvorlage, die er für parodistische und humorvolle Ausführungen braucht, bei denen sich die Leute biegen vor Lachen.
Zwischendurch machen wir mit den Transparenten noch eine Fotoaufstellung, und die capella rebella sorgt mit humorvollen Musikeinlagen für gute Laune. Nachdem ich die Kundgebung offiziell beendet habe, spielt die Kapelle noch als „Rauswerfer“ – und zwar so eifrig, dass ich sie schließlich freundlich, aber bestimmt stoppen muss, damit wir die angemeldete Zeit der Kundgebung nicht überschreiten.
Insgesamt eine erfolgreiche Veranstaltung: 400 bis 450 Teilnehmer (laut Polizei), gute Beiträge, gute Stimmung und – für mich nicht unwichtig – organisatorisch nichts, das aus dem Ruder lief. Wir haben die Absurdität des FilderdiaLÜGs kritisch begleitet, wie es unser Ziel war, und gründlich in seinen antidemokratischen Wunden herumgepuhlt.
Ganz zum Schluss wird noch vorgeschlagen, das ca. 10 Fußminuten entfernte Stuttgart-21-Infomobil mit Klopapier einzuwickeln. Eine gute Aktionsidee, allein es findet sich keiner, der den Weg dahin weiß – die Filder sind doch immer wieder unergründlich!