Presseerklärung der Schutzgemeinschaft Filder vom 23. März 2012
Die Schutzgemeinschaft Filder (SGF) fordert seit einem guten Jahr, auf den Fildern die Chance zu nutzen, vor dem Planfeststellungsverfahren einen Faktencheck durchzuführen und die Bürger „auf Augenhöhe“ in ein ergebnisoffenes Verfahren in die Planungen auf den Fildern einzubeziehen. Die SGF begrüßt es deshalb, dass das Land die Bürgerschaft in einen Dialog über den Filderbahnabschnitt einbinden will. Dass die SG Filder bisher nicht in den Vorbereitungsprozess einbezogen wurde und Äußerungen der Bahn eher darauf hindeuten, dass aus dem Filderdialog ein Monolog werden soll, ist Anlass für die SG Filder, Kritik zu üben und Kriterien für einen bürgernahen Faktencheck zu nennen.
Nach dem Schlichtungsverfahren mit Dr. Heiner Geißler zu S-21 Ende 2010 waren sich Politik, Medien und selbst die Bahn einig, dass in Zukunft Großprojekte wie S-21 nicht mehr wie bisher durchgeführt werden können. Das Schlichtungsverfahren hat Maßstäbe gesetzt. „Seit diesem ausführlichen Faktencheck zu S-21 redet niemand mehr vom bestgeplanten Projekt Deutschlands“, betont Steffen Siegel, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Filder. In der Schlichtung aufgedeckt wurde auch der Planungsmurks auf den Fildern.
Da es für den Planfeststellungsabschnitt 1.3 auf den Fildern zwischen Stuttgart Vaihingen und Flughafen bisher noch kein Planfeststellungsverfahren gibt – seit mehr als zehn Jahren versucht die DB dort belastbare Pläne zu entwickeln – bietet sich der neue offenen Stil, wie er vom Land proklamiert wird, auf den Fildern geradezu an.
Die Schutzgemeinschaft Filder (SGF) hat bisher in vielen Planungsauseinandersetzungen auf den Fildern die verschiedenen Kräfte der Bürgerschaft gebündelt und jahrzehntelang Erfahrungen bei der Kommunikation unterschiedlicher Gruppen und Interessenvertreter gesammelt. Was inzwischen von Bahn und Politik in der Öffentlichkeit über den Filderdialog bekannt wurde, erfüllt bislang laut SGF die Anforderungen eines echten Bürgerdialogs bei weitem nicht: Derzeit ist z.B. noch völlig unklar, wer von der bürgerschaftlichen Seite aus am Dialog teilnehmen soll. Offensichtlich haben bislang nur Gespräche zwischen Land und Bahn, Stadt, Region und Flughafen sowie am Rande wohl auch mit einigen Gemeinden stattgefunden.
Die Bürgerschaft ist bisher außen vor und erfährt zum Filderdialog allenfalls etwas aus den Medien, so z.B.:
- die Bahn will erklären, über welche Variantenuntersuchungen sie zur sogenannten „Antragstrasse“ gekommen ist;
- Die DB sagt: Sollte sich eine andere Trasse als „konsensfähige Alternative aufdrängen“, wird deren Machbarkeit geprüft;
- die Teilnehmer des Filderdialogs entscheiden nichts, sie können nur Empfehlungen aussprechen;
- es darf keine „Grundsatzdiskussion“ stattfinden;
- mit drei bis vier Sitzungen im Mai soll der Dialog abgeschlossen sein;
- von Bahnseite besteht die Hoffnung, dass durch den Dialog „die Akzeptanz für das Vorhaben steigt“.
Das bisherige Verfahren fällt hinter die Schlichtung zurück
Der große Pluspunkt des Schlichtungsverfahrens war, dass im Gegensatz zur gängigen Planfeststellungspraxis, die Planer und die Kritiker bzw. Alternativplaner sich in Augenhöhe entgegentraten und Schritt für Schritt die Pläne – unterstützt von Fachkräften, die auf beiden Seiten zur Verfügung standen – analysierten und bewerteten, offene Fragen protokollierten etc. (wenn auch längst nicht alle Fakten auf den Tisch kamen). Eine Besonderheit war auch die Herstellung der Öffentlichkeit über Phoenix – so konnten alle zuhören, die wollten.
Die SG Filder kritisiert deshalb, wie im Moment die Dialog-Vorbereitungen laufen:
- das Vorgehen im Dialogverfahren wird ohne Öffentlichkeitsbeteiligung vorgegeben;
- der Moderator wird ohne Öffentlichkeitsbeteiligung vorgegeben;
- die Zeitschiene wird vorgegeben.
Forderungen an den Filderdialog
Die SGF fordert den sofortigen Einstieg in einen echten Bürgerdialog. Dafür skizziert die SGF folgende Kriterien:
Die Bürgerschaft – und nicht nur die Projektbetreiber – müssen gefragt werden, was besprochen werden soll, welche Fragen von Interesse sind, wo vertiefende Gutachten nötig sind, wo Fachleute von außen herangezogen werden sollen, wie viel Zeit dafür notwendig ist und vieles mehr.
Die DB muss alle benötigten Fakten zur Verfügung stellen.
Alle Sitzungen sind öffentlich, alle Protokolle, Studien, Gutachten etc. stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Es muss „Waffengleichheit“ hergestellt werden, d.h. den Bürgergruppen muss Geld für Fachleute und Gutachten zur Verfügung gestellt werden. Die Bürger sind in einer ungleich schwierigeren Ausgangslage. Die Geißlersche Schlichtung hat aber gezeigt, dass Laien dennoch den professionellen Planern Paroli bieten können.
Die SG Filder plädiert dafür, dass jetzt alle bürgerschaftlichen Gruppen in die Diskussion einbezogen werden: die Schutzgemeinschaft Filder, die Landwirte, Lebenswertes LE, BUND, NaBu, VCD, Pro Bahn, Kirchen, die Vaihinger Initiativen etc.
Des Weiteren fordert die SG Filder, dass der Dialog keine inhaltlichen Einschränkungen erfährt und ergebnisoffen ist. Diese Forderung ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die Filderbahnpläne ursprünglich nicht zu S-21 gehörten, sondern auf den Wunsch der Landesregierung unter Ministerpräsidenten Teufel zurückgehen. Erinnert sei an die Aussage des Bahnsprechers Fricke auf der Veranstaltung der SG Filder im Frühjahr 2011. Dort sagte Fricke sinngemäß, dass die Bahn den „Schlenker zum Flughafen“ gar nicht wollte. Es gibt also gute Gründe, an dieser Stelle ganz neu zu denken.
Der dritte Punkt bezieht sich auf ein wichtiges Schlichtungsergebnis Geißlers: Den Erhalt der voll funktionsfähigen Gäubahn!
Die Gäubahn spielt auch in der Konzeptskizze der SG Filder, Lebenswertes LE und dem „Bündnis Filderbahnhof Vaihingen“, die in wesentlichen Teilen auf Prof. Bodack zurückgeht, eine Rolle:
- Erhalt der Gäubahn auf der bestehenden Trasse. Kein Mischverkehr auf den S-Bahngleisen.
- Zum Flughafen fahren zusätzlich Express-S-Bahnen ohne (oder mit einem) Halt vom Hauptbahnhof aus.
- Eine Ertüchtigung des Vaihinger Bahnhofs um einen Bahnsteig. Mit diesem Umsteigepunkt lassen sich die Fluggäste, die mit der Gäubahn kommen, rasch an den Flughafen anbinden. Auch ein Umkoppeln von Gäubahn-Wagen mit Fluggästen an die S-Bahn bietet sich an. Damit erübrigt sich die Rohrer Kurve.
- Ein S-Bahn-Ringschluss über die Filder, von Vaihingen über den Flughafen ins Neckartal nach Wendlingen und Esslingen.
Diese Alternative beansprucht kein weiteres Land der Landwirte, wertet den Nahverkehr auf und ist schneller und reisefreundlicher. Kurz und gut: Der Erhalt einer ertüchtigten Gäubahn und S-Bahnlösung auf den Fildern ist billiger, ökologischer und leistungsfähiger.