Steffen Siegel – Rede zum verschobenen Filderdialogbeginn

Leinfelden, 25.5.2012

Liebe Filderfreunde,
Ich muss euch sagen, der Filderdialog scheint zwar alles andere als ein echter Dialog, aber noch wehre ich mich dagegen, ihn als Dialüg zu bezeichnen. Ich bin Mitglied der Spurgruppe, neben Bürgermeistern, Gemeinderäten, Fachberatern, Landwirten, Bürgerinitiativlern usw. Ich kann euch versichern, da wird zwar gestritten, viel Unsinn erzählt und ab und zu getrickst, aber es wird sicher nicht mehr gelogen als in jeder normalen Gemeinderatssitzung irgendwo anders.
Ich wurde von den Organisatoren hier gebeten, etwas zu sagen zu den 9 Forderungen an den sog. Filderdialog: Da unsere Fragen und Forderungen in der Spurgruppe gar nicht oder nicht befriedigend beantwortet wurden, hat die Schutzgemeinschaft Filder am 15.5. eine Presseerklärung mit den folgenden 9 Forderungen an das Dialogverfahren herausgegeben und diese am nächsten Tag auch in der Spurgruppe zur Diskussion gestellt:
Hier nun die 9 Forderungen und die Reaktion in der Spurgruppe:
Forderungen:

1.  <<Vor Eintritt in den Filderdialog muss eindeutig geklärt sein, ob die Führung der Gäubahn über die Bestandsstrecke in den Hauptbahnhof als ernsthafte Diskussionsgrundlage akzeptiert wird oder ob die Direktanbindung des Flughafens zu den „unverrückbaren“ Prämissen zählt. Bereits im Geisslerschen Schlichterspruch wurde der Bestand der Gäubahnführung gefordert („die Gäubahn … bleibt…leistungsfähig… erhalten“) Der Schlichterspruch wurde damals von Bahn und Politik voll akzeptiert und sogar werbewirksam im Landtagswahlkampf eingesetzt.>>

Reaktion (wörtlich):  Im Filderdialog können die Prämissen diskutiert und hinterfragt werden. Varianten, die von den Prämissen abweichen, sind Anlass für Beratungen der Projektpartner.

2. <<Rechtzeitig vor Eintritt in den Filderdialog legt die Bahn die Pläne und Gutachten für ihre geplante, favorisierte Trasse (Antragstrasse) im Abschnitt 1.3 der Öffentlichkeit dar. Angeblich liegen die Unterlagen  vollständig zum Einreichen für das Planfeststellungsverfahren beim Eisenbahnbundesamt bereit.>>

Reaktion: abgelehnt

3.  << Rechtzeitig vor Beginn des Dialogverfahrens legt die Bahn insbesondere die Gutachten offen, in denen die zugrunde gelegten aktuellen Zugzahlen und Fahrgastströme auf den Fildern dargestellt sind. >>

Reaktion: abgelehnt

4. <<Die Bahn stellt im Dialogverfahren nur die von ihr  favorisierte  Variante vor und nicht wie in der Presse zu lesen war 4 bis 5 verschiedene Varianten. Schließlich soll es ein offener Bürgerdialog  werden und kein von der Bahn dominiertes.>> Verfahren.

Reaktion: Nicht die Bahn wird die Varianten vorstellen, sondern ein unabhängiges Ingenieurbüro. Es sollen die Antragstrasse und ca. 4 Varianten, in denen auch alle im Gespräch befindlichen Alternativen vorgesehen sind, auch die von Gegnern des Projekts.

5.  <<Der Bahn  steht im Dialogverfahren für die Präsentation ihrer favorisierten Trasse die gleiche Zeitspanne zur Verfügung, wie jeder anderen Gruppe auch, die eine Alternative zu den Bahnplänen darstellen möchte.>>

Reaktion: Darauf wurde nicht eingegangen. Wohl weil andere gar nichts darstellen können (siehe 4.)

6. << Der Flughafen legt rechtzeitig vor dem Dialogverfahren die Untersuchung offen, in der belegt wird, dass der Flughafen durch Stuttgart 21 etwa 1,5 Millionen mehr Flugpassagiere im Jahr erwarten kann. Dies formulierte der Flughafenchef Prof. Fundel mehrfach öffentlich.>>

Reaktion: abgelehnt, außerdem handle es sich nur um 1,1 bis 1,2 Millionen.

7. <> Nach Abschluss des Dialogs sollen nicht nur die Projektbetreiber öffentlich ein Resümee ziehen dürfen, – es muss auch den anderen beteiligten Gruppen ermöglicht werden, ihr eigenes Schlussresümee zu ziehen.>>

Reaktion: Das steht jetzt noch nicht zur Diskussion

8. <> Für alle Beteiligten müssen vergleichbare Arbeitsbedingungen angestrebt werden. Eine Gruppierung, wie etwa eine Bürgerinitiative, kann nicht annähernd die Ressourcen aufbieten, wie es Institutionen wie Ministerien, Regionalversammlung oder Deutsche Bahn im Bereich Öffentlichkeitsarbeit können. Bürgerinitiativen stehen keine hauptamtlichen Mitarbeiter und schon
gleich gar nicht deren Geldmittel zur Verfügung. Deshalb muss den nicht staatlich unterstützten Gruppen zwingend wenigstens soviel Geld zur Verfügung gestellt werden, dass auch sie Fachleute heranziehen können und Gutachten erstellen lassen können.>>

Reaktion: Es steht kein Geld zur Verfügung

9. <> Solange der Filderdialog nicht abgeschlossen ist, darf es keinerlei Bautätigkeiten, auch keine Vorbereitungen dazu im Abschnitt 1.2 ( Filderaufstiegstunnel) geben. Begründung: Bei einer Variante – z.B., bei der die Gäubahn auf einer Extratrasse entlang der Autobahn geführt wird -, könnte eine Einschleifung auf die Schnellbahntrasse am oberen Tunnelmund des Aufstiegstunnels eine ganz neue Planung erfordern.>>

Reaktion: Der Abschnitt 1.3 hat nichts mit 1.2 zu tun, 1.2 ist planfestgestellt.

Nachtrag:

In einem Offenen Brief, eine Woche zuvor, hatte die Schutzgemeinschaft Filder der DB bereits die ersten zwei Forderungen gestellt und erhielt zur Antwort: die DB antworte grundsätzlich nicht auf Offene Briefe und außerdem sei die Spurgruppe der Ort, wo so etwas angesprochen werden müsse.
Leider tagt die Spurgruppe, gegen meinen Antrag, nichtöffentlich!

Schlussbemerkung:

Wir als Spurgruppenmitglieder haben letzte Woche ein ganz dünnes Papier zum Ablauf des sog. Filderdialogs bekommen. Darin ist nicht vorgesehen, dass irgend wer oder irgend eine Initiative ihre eigene Variante vor allen anderen, mit Folien usw. darstellen darf. Es ist auch keine Diskussionszeit vorgesehen, um mit allen (Plenum) die vorgestellten Planungen der Bahn zu hinterfragen.
Das ist ja wohl absurdes Theater. Hier werden die Bürger, die sich intensiv auf den Dialog vorbereiten, verhöhnt.
Wenn die Bahn die elementarsten Daten wie ein Staatsgeheimnis hütet, ist ein Dialog
„in Augenhöhe“ völlig ausgeschlossen. So wie das Verfahren bisher angelegt ist,
sind unsere Augen allenfalls in Höhe des Bauchnabels der Bahn oder gar drunter und diese unerquickliche Aussicht ist nicht weiter zu ertragen.
Wenn sich innerhalb der nächsten Zeit nicht Wesentliches bewegt, muss über einen Ausstieg aus dem sog. Dialog gesprochen werden.

Der Filderdialog ist angeblich angelegt auf Transparenz. Die Bahn hat mit einer Armada von Fachleuten nun schon seit 10 Jahren versucht, ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen. Sie ist bisher daran vielemal jämmerlich gescheitert und will nun ihr Versagen auf die Bürger abwälzen.
10 Jahre, seit 2002 und nun setzt sie uns die Pistole auf die Brust und sagt alles muss bis zum 7. Juli, also in max. drei Sitzungen über die Bühne.
Was hier abläuft ist keine Bürgerbeteiligung, es ist eine „Bürgerbeleidigung“. Ich werde mir dies so nicht gefallen lassen.

Die Filder leben lassen!

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